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Drei Wochen auf der Werft

So viele Aufgaben, Probleme und „was ich immer schon mal machen wollte“. Aber nur drei Wochen Zeit. Ganz draußen am Ortsrand von Olhao bei Sabina Ltd. auf der Fischerbootwerft steht Bacchus auf acht Holzpfähle gestützt. Ist alles am Boot OK? Hat keiner was geklaut? Steht die Bilge voller Regenwasser?
Aufatmen: Alles drin und dran. Bacchus hat die Winterstürme und die Regenmassen im Februar ohne erkennbaren Schaden weggesteckt. Aber der Lack ist ab. Grosse Flächen am Bug und an der Wasserlinie sind abgeplatzt. Viele „kleiner Kampfspuren“ überall verstreut sind Zeugen von zwei Jahren Mittelmeer. Der Rumpf unter der Wasserlinie ist eine Baustelle.
Jetzt erstmal platz im Salon schaffen. Alle Segel raus aus aufs Deck und die Siebensachen eingeräumt. Jetzt muss Strom her. Ohne den geht nichts. Aber kein Problem. Hinter dem Zaun wohnt „Stano“ der Motormechaniker in seinem Van. Der hat schon ein Kabel über das Gelände gezogen. Kupplung dazwischen und siehe da das Ladegerät nimmt brav seinen Dienst auf. Jetzt ist Saft auf allen Steckdosen.
Im Gepäck ist das Starterset für den kleinen Bootsbauer: Schwingschleifer und Epoxispachtel. Unterwegs mit einer Spedition ein 40 kg Packet mit weiteren wichtigen Teilen. Die sollen binnen einer Woche in Portugal sein.

Arbeitsklamotten an und los geht’s. Alle im Herbst geöffneten Osmosebläschen nachschleifen, säubern und spachteln. Das nimmt eine Woche in Anspruch und ist ein mühsames Geschäft. Zum Glück kommt das Paket aus der Heimat wie von der Spedition angekündigt an. Das ist gut so denn z.B. Epoxidharz ist in Olhao nicht zu bekommen.
Aber viele andere Dinge sind entgegen aller Unkenrufe und Vorhersagen direkt vor der Haustüre zu bekommen und das sogar relativ preiswert. Sie werden sogar direkt an das Boot geliefert. Sergio, einer der Padrones der Werft hat die Lieferanten angerufen. Antifouling zu Vorkriegspreisen und Farben für die neue Lackierung werden in einer Woche Lieferzeit zugesagt. Der Schlosser aus der Nachbarschaft kommt vorbei um die Propellerwelle und den Kühlwasserbehälter abzuholen. Fertig in drei Tagen? „No Problemo“. Die Teile kann ich Mitte der Woche besichtigen und mitnehmen. Ausbau und Einbau der Teile geht dank Stanos unermüdlichem Einsatz, Improvisationstalent und unerschöpflichem Werkzeugvorrat zügig vonstatten. Ganz nebenbei wird noch das ein oder andere Ärgernis wie z.B. der chronisch leckende Dieselfilterkopf repariert. Ruckzuck sind die Farben geliefert. Zwei Tage, das war schneller als versprochen.
Jetzt kommt der angenehme Teil. Das Schiff wird wieder schöner statt hässlicher.
Der Rumpf kann mit der neuen Farbe gestrichen werden. Ein leichtes Beige wird ab jetzt den Rumpf zieren mit einem orangefarbenen Streifen am Wasserpass, so wie alle Amels im Original. Die erste Lackschicht ist ruckzuck aufgebracht. Ich bin begeistert. Nach soviel Vorarbeit wurde es auch Zeit für ein Erfolgserlebnis. Hoffentlich ist Gela mit dem Farbton einverstanden?

Zwischendurch wird Bacchus fertig lackiert und jetzt kann der Rumpf mit Antifouling gestrichen werden. Der Werftchef füllt mir drei Kannen aus dem großen Eimer ab. Noch zwei Tage und Bacchus sieht aus wie neu.
Drei Wochen vergingen wie im Flug. Morgen kommt Gela. Da will ich mit dem Gröbsten fertig sein.
Dank Stanos „guter Nachbarschaft“, einer für Boote idealen Infrastruktur und den hilfreichen Werftchefs Sergio und Victor war die Zeit super produktiv. Mehr war in drei Wochen wirklich nicht zu schaffen. Mit müden Armen, Händen wie ein Schmied und in frischen Klamotten geht’s heute Morgen zum Flughafen. Der Schatz kommt an Bord.

Ermutigt durch den guten Fortschritt frage ich Stano ob er einen guten „Edelstahlrohrbieger“ kennt? Unsere Heckreling hatte vor drei Jahren einen unfreundlichen Kontakt mit einer kräftigen Ankerkette, sah trotz meiner Restaurationsversuche etwas mitgenommen aus. Außerdem muss der Durchgang nach hinten verbreitert werden da die Windsteueranlage jetzt Platz beansprucht. Ein Anruf und zwei Herren kommen ans Boot. Wir werden handelseinig und beschließen die verbogene Reling noch heute vorbei zu bringen. Die Werkstatt bietet einen trostlosen Anblick. Motoren stapeln sich meterhoch. Irgendwo in der Ecke eine Rohrbiegemaschine.
Die kriegen das niemals hin. Zum Glück hat Stano noch eine Adresse direkt in der Nachbarschaft. Ein kleiner feiner Edelstahlverarbeiter, spezialisiert auf Boote. Er ist zwar doppelt so teuer aber das in 3 Tagen gelieferte und am Boot montierte Neuteil lässt keine Wünsche offen. Eine derartig saubere Arbeit hatte ich nicht erwartet. Da werden neue Wünsche geweckt.

Arbeiten und Kosten im Winterlager2009

Windpilot montiert
Rumpf über der Wasserlinie abgeschliffen und für Lackierung vorbereitet
Rumpf neu lackiert in Originalfarbton
Rumpf unter der Wasserlinie für neues Antifouling vorbereitet
Neues Antifouling aufgebracht (Hempel Oceanic) einschl. Opferanoden
Reling auf Backbordseite für Windpilot angepasst (verkürzt) und montiert
Adapter für Bordgangway am Heck und am Bugbeschlag angefertigt
Rollanlage für Genua höher gesetzt (Bolzen am Beschlag erneuert)
Decksbeschlag fuer Kutterfock (in massiver Ausführung) neu gesetzt

Propellerwelle ausgebaut, auf Verschleißbereichen neue Bronze aufgebracht
Wassersammler geöffnet, inspiziert und korrodierte Bereiche saniert
Stopfbuchse neu gepackt
Im Dieselfilterkopf Anschlußgewinde für Rücklauf neu geschnitten
Div. Massebänder erneuert
Bugstrahlruder Ölwechsel durchgeführt und Ölbehälter höher montiert

Neue Kartentisch- Leselampe montiert
Cockpittisch angefertigt (nachdem der alte letzte Saison im Guadalquivier geblieben ist)
Holzteile außen lackiert
Drei Lampen auf energiesparende Halogenglühbirnen umgebaut
Heckseitige kleine Backskisten mit Zement ausgegossen und versiegelt (stand immer 3 cm Wasser drin)
Fäkalienschlauch erneuert
In Heckkabine Dachhimmel erneuert
Heckfenster demontiert und neu abgedichtet
Breiteres Auflagebrett für hintere Koje angefertigt
Dingiheck abgedichtet bzw. neu verklebt und lackiert
Besanschot erneuert
Radio/CD Player erneuert
Ersatzgenerator überprüft
Bordleiter repariert

Eigenleistung (März und April) ca. 220 Stunden
Fremdleistungen
Schlosserei 150 €
Edelstahlarbeiten 460 €
Farben und Antifouling 530 €
Mechaniker 160 €
Sonstiges (Radio, Werkzeug) 200 €
Div. Bootsausrüstung 600 €
Wartung Rettungsinsel 420 €
Stellplatz etc. 720 €

Gesamt 3240 €
Versicherung 6 Monate ca. 660 €
Gesamt 3900 €